Villa Nachtigall by Agatha Christie

Villa Nachtigall by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: FICTION
ISBN: 3-257-20825-1
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 1982-11-15T00:00:00+00:00


Teil IV

Die Seele des Croupiers

Mr. Satterthwaite genoß in Monte Carlo den Sonnenschein auf der Terrasse. Alljährlich verließ er regelmäßig am zweiten Sonntag des Januar England und fuhr an die Riviera. Er war sehr viel pünktlicher als jede Schwalbe. Im April kehrte er nach England zurück, verbrachte die Monate Mai und Juni in London, und noch nicht ein einziges Mal hatte er Ascot verpaßt. Nach dem Spiel zwischen Eton und Harrow verließ er London wieder und machte auf dem Lande ein paar Besuche, ehe er nach Deauville oder Le Touquet abreiste. Jagdeinladungen füllten den größten Teil der Monate September und Oktober aus, und gewöhnlich verbrachte er dann einige Monate in London, um das Jahr auszufüllen. Er kannte jeden, und man kann mit Bestimmtheit sagen, daß jeder ihn kannte.

An diesem Vormittag hatte er die Stirn gefurcht. Das Blau des Meeres war bewundernswert, die Gärten waren, wie immer, eine Lust, aber die Menschen enttäuschten ihn — in seinen Augen waren sie eine schlechtgekleidete, protzige Menge. Natürlich befanden sich ein paar Spieler darunter, verdammte Seelen, die es unabwendbar hierher zog. Sie duldete Mr. Satterthwaite. Sie waren eine notwendige Kulisse. Vermissen tat er jedoch den üblichen Sauerteig der Elite — seine eigenen Leute.

»Das kommt von der Veränderung«, sagte Mr. Satterthwaite düster. »Heutzutage kommen alle möglichen Leute hierher, die sich früher so etwas nicht leisten konnten. Und außerdem werde ich natürlich langsam alt … Die vielen jungen Leute — die kommenden Leute — fahren neuerdings in diese Schweizer Orte.«

Es gab jedoch noch andere, die er vermißte: die gutgekleideten Barone und Grafen aus der Diplomatie, die Großherzöge und die königlichen Prinzen. Der einzige königliche Prinz, den er bisher entdeckt hatte, bediente in einem weniger bekannten Hotel den Aufzug. Ferner vermißte er die bezaubernden und kostspieligen Damen. Ein paar gab es zwar immer noch, aber doch nicht annähernd so viele wie einstmals.

Mr. Satterthwaite war ein ernsthafter Beobachter jenes Dramas, das »Leben« genannt wird; am liebsten war es ihm jedoch, wenn es wirklich farbenprächtig war. Er spürte, wie Entmutigung ihn überkam. Die Werte änderten sich — und er, er war zu alt, um sich noch zu ändern.

In diesem Augenblick bemerkte er, daß die Gräfin Zarnowa sich ihm näherte.

Seit Jahren hatte Mr. Satterthwaite die Gräfin während der Saison in Monte Carlo angetroffen. Zum erstenmal hatte er sie gesehen, als sie sich in der Begleitung eines Großherzogs befand. Das nächste Mal war sie mit einem österreichischen Baron zusammen gewesen. In den folgenden Jahren waren ihre Freunde hebräischer Herkunft gewesen: blasse Männer mit Hakennasen, die ziemlich auffällig funkelnde Juwelen trugen. Und in den beiden letzten Jahren war sie viel mit sehr jungen Männern, fast Knaben, zusammen gesehen worden.

Auch jetzt war sie von einem sehr jungen Mann begleitet. Zufällig kannte Mr. Satterthwaite ihn, und das bedauerte er. Franklin Rudge war ein junger Amerikaner, das typische Produkt eines mittelwestlichen Staates, sehr darauf bedacht, Eindruck zu machen, ungehobelt, jedoch liebenswert, und überhaupt eine seltsame Mischung aus angeborener Gerissenheit und Idealismus. Er war mit einer Gruppe von Amerikanern beiderlei Geschlechts nach Monte Carlo gekommen, die alle demselben Typ angehörten.



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